MBSLK.de - The SLK Community
Optimierung der Schaltbarkeit beim 6-Gang-Getriebe / R170-FL
(geschrieben von SLK-M am 14.03.2019)


Optimierung der Schaltbarkeit beim 6-Gang-Getriebe / R170-FL


Das MB mit dem 6-Gang-Getriebe nicht der große Wurf gelungen ist steht außer Frage. Gerade der zweite Gang macht häufig Probleme und verdirbt den Fahrspaß. Zudem ist die Übersetzung des ersten Ganges völlig daneben. Sicherlich ist das Empfinden des Schaltvorganges individuell verschieden, jedoch für Fahrer, welche aufgrund dessen den Wagen verkaufen wollen oder eine Verbesserung möchten, sei hier ein 3-Punkte-Plan für Hobbyschrauber gegeben (ohne Gewähr auf Erfolg und Korrektheit der Angaben). Mechanische Schäden müssen natürlich ausgeschlossen werden können.

Wichtig vorneweg: Die Auswahl der passenden Bremsflüssigkeit und deren Wechsel ist im Zweifel durch einen Profi durchzuführen! Für sein Tun ist jeder selbst verantwortlich.

Es sei gesagt das die Schaltung bei kaltem Wetter merkbar schlechter schaltet. Die Öltemperatur kann nicht der alleinige Grund sein. Spekulativ vermute ich die Längendehnung des Schaltgestänges. Ganzjahresfahrer bestätigen zumindest den Unterschied im Winter.

In Reihenfolge der primären Maßnahmen gebe ich die folgenden Tipps.

1. Kupplungs- bzw. Bremsflüssigkeit wechseln
Leider oft vernachlässigt beim Service sollte auch regelmäßig die Kupplung entlüftet werden bzw. die Bremsflüssigkeit dort komplett gewechselt werden.

Ich habe mir ein Entlüftungsgerät mit Druckbehälter besorgt. Andere Systeme funktionieren mit Saugprinzip an der Leitung selbst. Vorteil derer ist das Schonen des Behälters (sprich keine Risse oder gar ein Platzen bei alten Behältern ist bei anderen YT-Modellen wohl ein Thema). Der anzulegende Überdruck im Bremsflüssigkeitsbehälter ist mit 2 barg angegeben.

Die Flüssigkeit wird am Nippel des Nehmerzylinders, verbaut in der Getriebeglocke (beim FL), entnommen. Dazu muß lediglich eine schwarze Gummiabdeckung an der Glocke abgemacht werden und ein Schlauch mit Auffangflasche auf den Nippel gesteckt werden. Liegt der Druck an dreht man die Verschlussschraube vorsichtig mit einem Ring- oder Gabelschlüssel auf und wechselt solange bis die Flüssigkeit die Farbe auf „neu“ umstellt. Mit anliegendem Druck wird dann die Schraube mit Gefühl verschlossen.

Ich verwende das niedrigviskose (dünnflüssigere) Dot4+, was wohl für ESP-Fahrzeuge geeignet ist und auch der damaligen Spezi entspricht. Anders klassifizierte Flüssigkeiten sind auf Verwendbarkeit und ggf. Mischbarkeit zu prüfen.

Das Ergebnis ist ein merkbar leichteres Treten der Kupplung und eine deutliche Reduzierung des Ruckelns beim Anfahren. Letztendlich empfiehlt sich im gleichem Zuge ein Flüssigkeitswechsel der Bremsen. Hinweis: Ein einmalig schwereres Treten der Kupplung nach längerer Nichtbetätigung (Autobahn) ist normal.

Hinweise anderer User: Hier und da kam erst Flüssigkeit wenn das Pedal getreten wurde. Auch kam nach dem Wechsel der Flüssigkeit das Pedal recht früh. Hier half das mehrmalige Treten der Kupplung im Stand (bis zu 50 mal, nach Erfahrung). Ich kann das nicht bestätigen, es soll aber genannt sein.



2. Getriebeölwechsel
Der Begriff “Lifetime-Füllung” ist sicherlich nett zu lesen, sollte aber nicht ernst genommen werden.

Eine Anleitung zum Wechsel ist hier bereits gegeben: hier klicken(Link zu mbslk)

Hierzu sei gesagt das ich bessere Erfahrungen mit dem originalen MB-Öl machte. Die im Link genannte Teilenummer kann mittlerweile abweichen, jedoch sollte bei MB das passende Öl auf dem Tresen landen. Abraten kann ich nur vom Additiv zur Verbesserung des Schaltverhaltens im Link. Die im Link dargestellte Ablaßschraube mit den Spänen ist sicherlich ein Extremfall. Bei mir war bei 100.000 km lediglich 1 (ein) Span zu sehen. Wichtig: Erst die Einfüllschraube öffnen. Sollte es Probleme mit dieser geben wird es spaßig nachdem das Öl draußen ist.

Essenziell ist die von MB nachträglich korrigierte Füllmenge. Diese verbessert das Kaltschaltverhalten der ersten beiden Gänge und wurde ab einer bestimmten Getriebenummer in der Serie nach unten korrigiert. Bei meinem 716.639er-Getriebe muss ich demnach 1,2 Liter einstellen (Die WIS AF26.00-P-300B gilt auch für andere Modelle):

716.600 – 716.639: 1,2 Liter
716.640 – 716.679: 1,5 Liter

Die Mengenreduzierung beträgt 300 ml (ca.1 cm unter der Einfüllkante). Ab Fortschrittszahl 01209960 soll die Menge ab Werk bereits umgestellt sein. Das war ca. ab Februar 2001.

Das Kaltschaltverhalten verbessert sich mit der geringeren Menge enorm. Ich möchte das nicht technisch werten, jedoch feststellen. Also: Nicht wie sonst üblich bis zur Einfüllschraubenöffnung füllen!

Wer es nur mal wissen möchte: Die Getriebefortschrittszahl findet sich bei Sommerfahrzeugen durch einen (noch lesbaren) Aufkleber oben auf der Getriebeglocke (s. hinter dem Motor), ansonsten halt in der Datenkarte des Fahrzeuges (Serviceheft, MB oder VIN-Decoder im Netz).

Und: Geduld! Positive Effekte lassen leider etwas auf sich warten. Das kann schon mal einige hundert km dauern.

3. Einstellen der Schaltung mittels Lehre
Es gibt eine Einstellehre von MB mit der Teilenummer 716 589 00 23 00 für das 6-Gang-Getriebe. Es sind ein zweiter Mensch und eine Hebebühne/Grube notwendig. Ein Hexenwerk ist es definitiv nicht, der Ausbau der Gummimanschetten ist das eigentlich Aufwendige.



Schritt 1: Lösen des Schaltsacks und Ausbau der Alublende
Auf einer Seite (z.B. rechts) von außen unter die Kante des Schaltsackrahmens greifen, diesen leicht nach innen drücken (s. Lage der Klippse auf dem Foto) und den Rahmen nach oben abziehen. Ich benutzte einen Demontagehebel, es geht aber auch ohne selbigen. Den Schaltsack dann nach oben stülpen.

Generell: Achtung, kalten Kunststoff (auch die Schalter) mit dem Fön anwärmen!!!

Danach die Alublende durch einen Griff unter das hintere Ende und durch Ziehen nach oben entfernen. Dann den Stecker von der Airbagleuchte und die Schalter der Seitenscheiben aus der Blende entfernen. Dies geht einfacher als die kleinen Stecker abzuziehen (meine Meinung). An den beiden schmalen Seiten der Schalter sind unten Klippse. Die beiden zeitgleich drücken und von oben den Schalter nach unten aus der Blende drücken.

Dann die Blende durch Verdrehen und Ziehen über den Schaltsack entfernen. Knauf und Schaltsack bleiben dran (diese stören nicht weiter und es wäre unnötige Arbeit).



Schritt 2: Freilegen der Schaltmechanik
Nun müssen die beiden Gummimanschetten (innen und außen) um die Schaltstange entfernt werden. Diese sind übereinander in einem Ring unten am Boden eingeklippt. Dazu die 4 langen schwarzen langen Klippse (s. nachfolgende Bilder) auf einer Seite vorsichtig etwas nach außen drücken und den Ring der äußeren Manschette herausnehmen. Die Manschette wird nach oben gestülpt (leider bleibt sie dort nicht und muss gehalten werden). Sie ist mit dem Schalthebel verklippt und sollte nicht nach oben abgezogen werden.

Die innere Manschette wird dann ebenfalls außen ausgeklippt und vorsichtig nach oben gestülpt. Der innere schwarze Rahmen der Manschette ist jedoch außen an das Alugehäuse der Mechanik geklippt und muss dort weg (wegen dem Auflegen der Lehre auf dem Alugehäuse). Die Klippse hierfür sind jeweils bei den abgerundeten Ecken (s. Bild). Durch vorsichtiges Ertasten sind diese zu lösen (nach außen ziehen und Rahmen nach oben drücken) bzw. kommt man rechts außen auch schräg mit einem Schraubendreher hin.



Macht nicht meinen Fehler und löst bitte nicht das Gummi vom kleinen mittigen Rahmen.
Man bekommt es schlichtweg nicht mehr drauf. Es sind Noppen zur Befestigung vorgesehen, welche nicht wieder reinzudrücken sind (In meinem Fall: Einmal neu, 15 EUR, wobei die Notwendigkeit des Teils generell zu hinterfragen ist). Das Gummi kann gerne an den Seiten etwas herausspringen, mehr aber nicht. Ab ist hierbei ab - leider.

Ist der Rahmen abgeklippt kann man auch die innere Manschette vorsichtig nach oben geschoben und gestülpt werden. Es ist zwar ein wenig eng und man muss die Manschetten dauernd oben halten, die Lehre kann aber somit später auf- bzw. eingelegt werden.

_______________________________________________________________________________________________________________________________

Exkurs optionales Entfernen des Schalthebels (es ist aber nicht notwendig):
Um die gehimmelte innere Manschette zu tauschen musste ich den Schalthebel ausbauen. Selbst bei demontierten Knauf und Schaltsack kommt man hiermit nicht an der äußeren Manschette vorbei. Man kann das auch gerne machen um besser an die Klippse des Rahmens zum Lösen heranzukommen. Wichtig beim Abziehen ist das die äußere Manschette unten bereits ausgeklippt ist da diese, wiederholt, mit dem Hebel verklippt ist (auch dies würde höchstwahrscheinlich Bruch an den Klippsen geben).

Man drückt den Ring mit der Feder leicht nach unten, drückt den Sicherungsstift mit einem dünnen Schraubendreher durch bzw. zieht ihn mit einer Zange heraus. Dann kann man den Hebel mit der äußeren Manschette, Knauf und Sack nach oben abziehen. Es kommen einem definitiv keine 1000 Teile entgegen. Es ist ein (1) Bauteil. Nun kommt man an die innere Manschette und montiert den Hebel wieder. Man kann nichts verdrehen, da der Hebel und der Stummel mit dem Stift in Position gebracht werden. Hebel drauf und grob mit dem Knauf als Orientierung ausrichten, Feder nach unten drücken und den Stift wieder durchdrücken. Korrekter Sitz der Stiftarretierung beachten!!!





Schritt 3: Entriegeln der Arretierung am Getriebe
Ein zweiter Mensch drückt nun unten auf die Arretierung des Schaltzuges bis diese (r)einrastet. Der Schalthebel ist nun ohne Spannung. Geht problemlos, ggf. vorher da unten alles etwas einsprühen.



Schritt 4: Einlegen der Lehre
Die Lehre kann nun (auch vorab zum testen in der Garage mit verriegelter Arretierung am Getriebe) eingelegt werden. Dazu den Schalthebel nach oben ziehen und etwas nach rechts schieben, dann sieht man den Spalt zwischen der Rundung des Alugehäuses und der Sperre des Rückwärtsganges (am Hebel befestigt). Lehre von hinten einlegen und dann den Hebel absetzen. Die Lehre wird waagerecht nach vorne bis zum nicht sichtbaren Anschlag der Sperre des Rückwärtsganges geschoben. Man stößt dort innen automatisch an, also kein Problem. Es sollte so wie auf dem Bild unten aussehen. Der Hebel bleibt mittig.

Es empfiehlt sich für den Ausbau genügend Zeit (gerne auch vorab) einzuplanen. Schalten/Fahren zur Bühne geht natürlich ohne die Blende und die innere Manschette, wer es vorab machen will.



Schritt 5: Schalthebel nach links gegen und von oben auf die Lehre drücken und halten. Die Lehre muss seitlich press am Bogen des Gehäuserandes anliegen. Der Hebel ist wie gesagt mittig zu halten.

Schritt 6: Verriegeln der Arretierung bis diese wieder herausspringt durch den zweiten Mensch Dazu ist ein kleiner Klipp zu sehen auf den man drücken muss. Die Arretierung springt ruckzuck wieder raus. Der Schalthebel ist wieder unter Spannung.



Schritt 7: Schalthebel erst jetzt loslassen und Lehre entnehmen
Bestenfalls das Fahrzeug starten und mal durchschalten auf der Bühne. Optimalerweise fahren und ggf. nochmals anpassen (einer Legende nach nochmals wenn das Auto warmgefahren ist - habe ich nicht gemacht weil ich darin keinen Sinn sehe).

Schritt 8: Manschetten, Blende (erst vorne positionieren und dann hinten runterdrücken), Schalter und Schaltsack wieder montieren

Das war´s!

Der Schalthebel, dessen Lagerung und das Gestänge am Getriebe sollten in dem Zuge geschmiert werden. Oben auf den Bildern der Arretierung ist die Abdeckung links entfernt. Die kann man leicht aus zwei äußeren Klippsen herausdrücken und so besser die Innereien etwas schmieren. Ich verwende Silikonspray oder MoS2-Fett. Da Buntmetalle und Gummi/Kunststoffe nehme ich zumindest kein Ballistol.

Bei mir brachte das Einstellen noch eine leichte Verbesserung im problematischen zweiten Gang, was darauf schließen lässt das ich bereits am „Optimum“ bin/war. In anderen Fällen kann der Effekt sicherlich stärker sein. Ich bin nach wie vor kein Fan von dem Konzept, kann aber so damit leben. Die kurzen Schaltwege entschuldigen ein wenig.

Randbemerkung: Die WIS hierzu ist auch im Netz zu finden. Es haben wohl auch schon welche ohne die Lehre, also rein durch leichtes verschieben oder halten des Schalthebels, eingestellt. Versucht habe ich dies nicht, es könnte aber prinzipiell funktionieren. Sicherlich auch etwas try and error.

Ich hoffe es ist halbwegs verständlich dargestellt, gerade bei dem Ausbau der Manschetten. Ich will aber auch Probleme aufzeigen und vor Überraschungen warnen.







[ Artikel drucken | Seite schliessen ]